Nach Beiträgen der Kameraden Heinz Bürger und Wolfgang Michalk zusammengefasst von Kamerad Rayko Weiske

Rabenau um 1930

Rabenau ist eine alte Stadt. Sie wurde im 12.Jahrhundert als Grenzfeste der Burggrafschaft Dohna von fränkischen Siedlern gegründet und wird als “Rabenowe“ 1235 erstmals urkundlich erwähnt. Bereits im 13. Jahrhundert werden der Ansiedlung, die sich auf den Ausläufern des Osterzgebirges zwischen 250 und 357 Höhenmetern erstreckt, städtische Rechte verliehen. Anfänglich widmen sich die Einwohner Land- und forstwirtschaftlichen Erwerbszweigen. Nach 1600 entwickelt die Stadt sich jedoch zu einem Zentrum des Stuhlbaues und der Holzindustrie. Die Herstellung der Stühle und Gestelle erfolgte zunächst in Handarbeit, bis 1869 die erste Stuhlfabrik auf den Grundmauern der ehemaligen Ritterburg entstand. Im Jahre 1870 ging dort in der „Sächsischen Holz-Industrie-Gesellschaft die erste Dampfmaschine in Betrieb.

Fabriktor der Sächsischen- Holz – Industrie- Gesellschaft um 1900

Durch die rasant fortschreitende Industrialisierung des alten Handwerks und die Zunahme der Produktion in allen Rabenauer Betrieben wuchs natürlich die Gefahr immer größeren Verlustes an Eigentum durch Brände und Havarien. Diesen neuen Anforderungen war das alte, noch aus dem Mittelalter stammende Pflichtfeuerwehr-System nicht mehr gewachsen. Dies mag der Anlass dafür gewesen sein, dass auf Anordnung des damaligen Fabrikdirektors August Kleinau am 1. Oktober 1875 die

„Freiwillige Feuerwehr der Sächsischen
Holz-Industrie-Gesellschaft zu Rabenau“

gegründet wurde. Aus dem am 1. Dezember 1875 veröffentlichten Statut geht hervor:

„§1 Zweck des Corps ist, bei einem im Fabriketablissement der Sächsischen Holzindustriegesellschaft ausbrechenden Feuer durch schnelles und umsichtiges Löschen und Retten dem Umsichgreifen des Feuers möglichst Einhalt zu tun und zur Erhaltung der bedrohten Gebäude thunlichst beizutragen.
Zu Mitgliedern des freiwilligen Feuerwehrcorps werden thunlichst nur Beamte und Arbeiter der Sächsischen Holzindustriegesellschaft zugelassen, wünschen indes auswärtige Freiwillige diesem Corps beizutreten, so kann dies nur mit Genehmigung der Gesellschaft geschehen.
Sollte in der Stadt Rabenau oder Umgebung Feuer ausbrechen, so bestimmt der technische Direktor oder in seiner Abwesenheit der Oberanführer des Corps resp. dessen Stellvertreter, ob die Mannschaft zur Feuerstelle ausrückt…“

Die Stärke des Corps wurde auf 60 Personen festgelegt und erhielt einheitliche Uniformen, gute Feuerlöschgeräte und eine vierrädrige Handdruckspritze. Am 7.2.1876 bekam die Wehr beim Brand der Wünschmann’schen und Fritsche’schen Wirtschaften ihre Feuertaufe.1878 erfolgte, nach eingehender Inspektion, die Aufnahme der Wehr in den Sächsischen Feuerwehrverband. Ab 1879 durfte die Wehr bei auswärtigen Bränden die Spritze der immer noch existierenden städtischen Pflichtfeuerwehr mitbenutzen, die 1883 von der Stadtgemeinde durch eine neue vierrädrige Abprotzspritze mit Lafette ersetzt wurde.

Handdruckspritze vor 1883

In den Folgejahren konnte die Wehr in Technik und Ausrüstung immer weiter ausgebaut werden und wurde zu einem hoch geachteten gesellschaftlichen Faktor unserer Stadt. Welches hohe Ansehen unsere Feuerwehr in der Umgegend besaß, kam in dem Auftrag zum Ausdruck, den 17. Feuerwehrtag des „Bezirks-Feuerwehr-Verbandes Dresden und Umgebung“ am 17. Juli1892 auszurichten und durchzuführen. Interessant ist eine Bemerkung auf dem Programmzettel folgenden Inhalts:

 

„Laut Verbandsbeschluß ist alles Blasen auf Signalhörnern und Hupen streng verboten. Etwaige nöthige Signale werden nur von dem Rabenauer Hornisten gegeben.“

Erinnerungsmedallie 17. Feuerwehrtag des Bezierksfeuerwehrverbandes Dresden und Umgebung

Die Alarmierung der Wehr erfolgte damals mittels Signalhörnern, die vom Nachtwächter bzw. von den Hornisten der Feuerwehr geblasen wurden. Bei Großbränden heulten auch die Dampfsirenen der Rabenauer Fabriken. 1905 erfüllte sich der Wunsch der Kompanie nach einer mechanischen Rettungsleiter. Mit dieser 13m hohen Leiter von Magirus/Ulm besaß Rabenau eine mit Lösch-u. Rettungsgerät am besten ausgestatter Wehren des ganzen Verbandes Dresden und Umgebung. Wie langlebig damalige Technik war, zeigt sich darin, dass die Leiter bis Anfang der 80er Jahre im Dienst stand. Auf Betreiben des Rabenauer Landarztes erhielt die Wehr 1910 einen modernen Rettungs-und Krankentransportwagen, der die Bildung einer Samariterabteilung neben der Steiger-und Spritzenabteilung erforderlich machte. Nach der Auflösung der „Sächsischen Holz-Industrie-Gesellschaft“ im Jahre 1911 wurde die Feuerwehr in die „Städtische Feuerwehr Rabenau“ umgewandelt und die bis dahin parallel existierende Pflichtfeuerwehr eingegliedert.
Während des 1.Weltkrieges schrumpfte die Wehr immer mehr zusammen, so dass die Stadtverwaltung im Jahre 1917 einen Aufruf zur Bildung einer “ Jungmannschaft“ erließ. Daraufhin traten sechzehn junge Leute im Alter zwischen 16 u. 18 Jahren ihren Dienst in der Wehr an und hielten ihr auch in den Jahren nach dem Krieg die Treue. Am 20.Mai 1922 wurde in der 1919 gebauten geräumigen Autobushalle an der Obernaundorfer Straße das neue Feuerwehrdepot feierlich eingeweiht, welches nach diversen Um- und Ausbauten bis heute das Gerätehaus unserer Wehr ist. Eine neue, moderne Ära für das Rabenauer Feuerlöschwesen brach 1924 an. Durch die großzügige Spende von 2576,-RM durch die Industrie und die Gewerbetreibenden wurde die Anschaffung einer Automobilspritze möglich.

Am 27. Dezember traf die langerwartete Spritze der Fa. Magirus, Modell „Remscheid“ in Rabenau ein.
Einziger Wermutstropfen: In der Wehr besaß niemand einen Führerschein für Automobile. Jedoch wurden am 3.2.1925 die zwei einzigen Bürger, die in Rabenau einen solchen besaßen, einmütig als aktive Mitglieder aufgenommen. Mit diesem Löschfahrzeug, welches damals der technischen Ausrüstung der Berufsfeuerwehr der Stadt Dresden entsprach, begann für die Wehr ein völlig neuer Zeitabschnitt sowohl in Ausbildung als auch im operativen Dienst. Auch musste die Alarmierung der Wehrleute, fortan nur durch die Dampfsirenen der örtlichen Betriebe, völlig neu geregelt werden. Einen besonderen Meilenstein in der Geschichte unserer Feuerwehr stellt das Jahr 1925 dar. Vom 29. bis 31. August wurde das 30jährige Bestehen in Verbindung mit dem 41.Verbandstag des „Bezirksfeuerwehrverbandes Dresden und Umgebung“ mit überwältigender Unterstützung durch die Einwohnerschaft Rabenaus festlich begangen. An über 90 Freiwillige Feuerwehren ergingen Einladungen, denen über 1000 Feuerwehrleute in unserer Stadt folgten.

zur 50-Jahr Feier am Rathaus – Schauübung

Schalttafel der elektrischen Alarmanlage im Rathaus

In den Jahren 1875-1925 wurde die Wehr zu insgesamt 111 Einsätzen gerufen. Ab 1926 erfolgte die Alarmierung durch eine elektrische Alarmanlage. In den Wohnungen der Wehrmänner waren elektrische Klingeln angebracht, die vom Rathaus aus geschalten zum Einsatz riefen. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 zieht sich ein Bruch durch das bis dahin demokratische und gesellige Vereinsleben der Wehr. Während in den bisher vergangenen 60 Jahren des Bestehens alle Führungsfunktionen alljährlich zur Generalversammlung durch Wahlen besetzt wurden, galt dies nun nicht mehr. Eine neue Satzung, die auf dem Führerprinzip beruhte, schrieb die Besetzung der Funktionen durch Berufung vor. Alle 35 Wehrmänner mussten am 1.Juni 1933 eine Erklärung folgenden Inhalts unterschreiben:

„Wir verpflichten uns hiermit ausdrücklich, unseren freiwilligen Feuerwehrdienst in restloser, disziplineller Unterordnung gemäß den Anordnungen der nationalen Regierung und des Landesfeuerwehrverbandes auszuüben und versichern hiermit, dass wir uns jeder Tätigkeit gegen die nationale Regierung enthalten und auch keiner staatsfeindlichen Vereinigung oder Organisation angehören.“

Auch der 1931 gewählte Hauptmann musste einem „Parteigenossen“ Platz machen. In den Jahren des 2.Weltkrieges sank der aktive Mannschaftsbestand soweit, dass im November 1943 insgesamt 28 Bürger der Stadt zum Feuerwehrdienst verpflichtet werden mussten. Davon waren elf schon über 50 Jahre alt und nur zwei unter 40 Jahren. Die Wucht des auf das Verursacherland zurückkehrenden, furchtbaren Krieges bekam auch unser Wehr bei ihrem Großeinsatz nach dem Bombenangriff auf Freital-Birkigt am 24. August 1944 zu spüren. Den wohl größten Einsatz in ihre Geschichte musste sie aber in der Nacht des Terrorangriffs englischer Bomber auf unser schönes Dresden am 13. Februar 1945 durchstehen. Über diesen bis an die Grenzen menschlicher Leistungsfähigkeit gehenden Einsatz existiert ein Gedächtnisprotokoll, welches bis heute ein erschütterndes Mahnmal gegen den Krieg und menschliche Verblendung darstellt.
Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches befahl der sowjetische Stadtkommandant im Juni 1945 die Neuaufstellung der Wehr. Das Durchschnittsalter der Truppe betrug 50,6 Jahre. Der Jüngste war schon 42 Jahre alt. Alle jüngeren Jahrgänge hatte der unselige Krieg verschlungen. Trotzdem war unsere Magirusspritze intakt und alle anderen Geräte und Ausrüstungsgegenstände relativ unbeschadet und vollzählig vorhanden. Auch eine Tragkraftspritze TS 8 Typ Fischer hatte sich dem Inventar als Kriegsfolge zugesellt. Diese stammte wahrscheinlich vom Löschfahrzeug einer Zuckerfabrik aus der Nähe von Breslau. Dieses Auto der Marke Büssing hatten Kriegflüchtlinge mit nach Rabenau gebracht und war von Februar bis etwa Mai 1945 im Depot mit untergestellt worden. Die Jahre von 1946-1951 waren geprägt vom täglichen Kampf um die minimalsten Voraussetzungen zur Erhaltung der Einsatzbereitschaft. Kraftstoff, Batterien und Reifen mussten den Behörden abgerungen werden und auch die Betriebssicherheit der elektrischen Alarmanlage ließ zu wünschen übrig. Oftmals erfolgte die Alarmierung durch persönliches Benachrichtigen jedes Wehrmannes im so genannten „Schneeballsystem“, da die Klingeln nicht funktionierten. Seit 1948 war die Wehr auch im vorbeugenden Brandschutz tätig. Regelmäßig wurden unter anderem die 15 Betriebe des Ortes auf Einhaltung der Brandschutzbestimmung kontrolliert.1954 und 1957 demonstrierte die Natur ihre Gewalt mit Hochwasser. Im Jahre 1958 wurde die Wehr wiederum durch eine Hochwasserkatastrophe bis an ihre Leistungsgrenze gefordert. Einen neue Art des Einsatzes bestand darin, anlässlich der DDR-Meisterschaften im Wildwasserrennen 1959 als Sicherungsmannschaft die Sportler nach eventuellem Kentern der Kanus vom Ufer aus zu retten. Eine Erfahrung, die der Wehr 1960 bei der Deutschen Kanumeisterschaft und 1961 bei der Kanuweltmeisterschaft gut zu Buche stand. 1960 war die elektrische Alarmanlage so verschlissen, dass mit Martinshorn alarmiert werden musste, was eine Verzögerung der Ausrückzeit bis zu 40 Minuten nach sich zog. Daher werden wir seit dem 25.9.jenen Jahres von der Sirene auf dem Rathausdach zum Einsatz gerufen. Auch die ehedem so moderne Magirus-Automobilspritze ist von der Zeit zum alten Eisen gestempelt worden und so klagt der Wehrleiter in seinem Bericht:

 

„Seitens aller Gremien wird immer wieder klargemacht: Rabenau ist in Bezug auf Brandgefährdung ein Schwerpunkt. Die Kameraden der FFW sind deshalb erstaunt und befremdet, dass trotz langjährigen Bemühens noch immer kein Weg gefunden wird, unseren alten Veteranen aus dem Jahre 1924 durch ein neuzeitliches Löschfahrzeug zu ersetzen. Im Ernstfalle ist jede Minute kostbar. Schon die altertümliche Zündanlage macht es zum Lotteriespiel, den Motor in Gang zu setzen und dazu ein Motor von 35 PS (jedes Motorrad ist stärker).

Was kann dieser bei einem Einsatzgewicht von reichlich 8 Tonnen schon für eine Geschwindigkeit verleihen. Eine Bremsanlage, die nur auf die Hinterräder wirkt…und das in unseren Bergen. Es istdaher nicht verwunderlich, dass wir kaum Kraftfahrer finden, die gewillt und fähig sind, sich mit einem derartigen Fahrzeug in den Verkehr zu begeben.

1961 stellt die Verkehrspolizei unseren Oldtimer endgültig außer Dienst. Kurze Zeit mussten wir uns mit einem LKW Garant 30K mit Tragkraftspritzenanhänger behelfen, bis wir im November ein ausgesondertes Löschfahrzeug LF 25 Typ LO3500 der Firma Daimler-Benz Baujahr 1936 erhielten.
Kraftfahrspritze LF25 / Mercedes Benz

Das Auto war beinahe schrottreif, und so ging seine erste Fahrt in die Reparaturwerkstatt. Da wir nun ein gut ausgerüstetes, leistungsstarkes Fahrzeug besaßen, wurden wir in die bereits bestehenden Katastrophenzüge eingegliedert. Am 8.Oktober 1962 trat unsere alte Magirusspritze ihre letzte Fahrt an –zur Verschrottung nach Dresden. Trotz intensiver Bemühungen wollte sie kein Museum haben. Das Verkehrsmuseum Dresden lehnte sie einzig wegen der fehlenden originalen Vollgummibereifung ab. Schade!
Der in der bisherigen Geschichte der Wehr wohl tragischste Brand ereignete sich am 12.10.1964 in einer Polsterei. Er bedingte 5 Stunden Einsatzdauer und forderte leider auch ein Menschenleben unter den Arbeiterinnen. Einen Höhepunkt brachte das Jahr 1967.
Das alte Mercedes LF 25 wurde normmäßig bestückt und einsatzfähig an die FFW Colmnitz übergeben und wir bekamen ein LF 16 S4000-1 der der Fahrzeugwerke Werdau Baujahr 59/60. Damit verfügte die Wehr wieder über ein zeitgemäßes Löschfahrzeug. Die Übergabe musste jedoch kurzfristig unterbrochen werden, da ein Wohnungsbrand gelöscht werden musste. Einätze vor oder zum Zeitpunkt der Übergabe von Fahrzeugen und Ausrüstung- in Rabenau eine ungewollte, kuriose Tradition.
1969 brach infolge Brandstiftung ein Großfeuer in einer Rabenauer Stuhlfabrik aus. Alle Feuerwehren von Rabenau und Umgebung inklusive der Berufsfeuerwehr Freital waren über 10 Stunden im Einsatz. Infolge Wassermangels musste eine 1100m lange Schlauchleitung vom in Unterrabenau fließenden Oelsabach bis zum etwa 80m höher gelegenen Brandobjekt aufgebaut werden. In der Auswertung dieses Brandes wurde ein Vertrag geschlossen, der die Unterstützung der FFW Rabenau durch die wiedergegründete Betriebsfeuerwehr des VEB Polstermöbelindustrie Oelsa-Rabenau, Nachfolgebetrieb der „Sächs.-Holz-Industrie-Gesellschaft“, beinhaltete. Das Dienstjahr 1975 war für die Wehr ein besonderes Jahr. Wir begingen vom 6.-21.September gemeinsam mit der Bevölkerung unserer Stadt den 100.Jahrestag der FFW Rabenau. Dank dem Einsatz aller Wehrangehörigen der Stadt und der umliegenden Feuerwehren wurde diese Feier zu dem gesellschaftlichen Ereignis unserer Stadt. Durch politische Entscheidung wurden die bisher eigenständigen Gemeinden Obernaundorf, Lübau und Spechtritz zur Stadt Rabenau eingemeindet und waren nunmehr Ortsteile. Das gleiche geschah mit den Feuerwehren dieser Gemeinden. Sie wurden Kommandostellen der FFW Rabenau. Auch die Funktechnik hielt bei uns 1975 Einzug. Fahrzeugfunk und zwei Handsprechfunkgeräte erleichterten fortan die Kommunikation, die sich sofort bei den Einsätzen, insbesondere den überlangen Wegstrecken, bewährte. Als Besonderheit des Jahres 1976 erweist sich der Beschluss des Rates der Stadt betreffs der Großübung der FFW unter Bedingungen eines Hausbrandes am 3.4.1976 aufgrund folgenden Motivs:

„Das ehemalige Bettenhaus des abgebrannten Gasthofes Lübau muss zur Schaffung von Baufreiheit durch Einsturz beseitigt werden. Der Baukörper ist stark mit nicht wieder verwendungsfähigem Holz versehen. Aus diesen Gründen wird er abgebrannt. Verantwortlich für Brandlegung: Stellvertreter des Bürgermeisters.“


Gasthof Lübau in Flammen

Im selben Jahr wurde die Wehr auch zu einem ihrer gefährlichsten Einsätze gerufen. Am Bahnhof Potschappel in Freital war ein Minol-Tanklastzug mit ca. 22000 Litern Benzin verunglückt. Wir mussten u.a. einen Badeofen löschen und mehrere Sauerstoffflaschen bergen, obwohl in etwa 50m Entfernung das Benzin aus dem Tank lief. Alarm wurde 2.20 Uhr gegeben, eingerückt wurde 13.15 Uhr. In den folgenden Jahren wurden der Ausbildungsstand der Wehrangehörigen und auch der Bestand der Technik und Ausrüstung ständig verbessert und erweitert. Ein tragischer Einsatz musste am 12.7 1985 in Somsdorf gefahren werden. Bei dem Brand einer Scheune infolge Brandstiftung kam ein Kind ums Leben.
LF 16 / W 50

Am 4.4. 1986 wurde uns ein Löschfahrzeug LF 16 W50 der IFA Automobilwerke Ludwigsfelde übergeben. Das bisherige LF 16 S4000 wurde außer Dienst gestellt, aber diesmal nicht verschrottet sondern im Gerätehaus der inzwischen aufgelösten FFW Obernaundorf untergebracht.1989 war in der Geschichte der Wehr ein ganz normales Dienstjahr, obwohl sich im Herbst die politische Wende in der DDR abzeichnete. Im Jahr 1990 geht nach fast 41 Jahren die Geschichte der DDR zu Ende. Zur Jahreshauptversammlung tritt die gesamte Wehrleitung zurück, womit die Weichen für eine demokratische Neuwahl der Wehrleitung gestellt sind. Die geforderte Eigenständigkeit der Ortsteilwehren wird wieder hergestellt. Im Juni übernimmt die Wehr das Kleinlöschfahrzeug der Betriebsfeuerwehr des VEB Polstermöbelindustrie Oelsa-Rabenau-ein B1000 des VEB Barkas-Werke Karl-Marx-Stadt.
KLF / B 1000

Damit wird die Einsatzfähigkeit im Rabenauer Grund erstmals ohne fremde Einsatzkräfte möglich.
Durch den am 3.Oktober 1990 wirksam werdenden Vertrag zur Herstellung der Einheit Deutschlands beginnt für die Wehr eine Situation bei der Dienstdurchführung, die einer Neugründung gleichkommt. Plötzlich werden Rechtsgrundlagen, Dienstanweisungen, Ausrücke und Ausrüstungsnormen ungültig und durch eine Flut von erst einmal unüberschaubaren Richtlinien, Empfehlungen und DIN-Normen ersetzt, die teilweise nicht einmal von vorgesetzten Dienststellen richtig verstanden werden, geschweige von den ehrenamtlichen Kameraden unserer Wehr. Besonders erschwerend wirken aber die Änderungen der Ausrüstungsrichtlinien, die der Stadt in den kommenden Jahren einen enormen finanziellen Aufwand an Neubeschaffungen aufbürdet, da fast alle im Bestand befindlichen Ausrüstungen für dienstuntauglich erklärt werden. Am 1.März 1991 tritt für die Feuerwehren der Ortsteile eine neue Satzung in Kraft, die die Wehren des Territoriums Rabenau wieder zu einer Wehr zusammenschließt. Gleichzeitig wird die FFW Obernaundorf wieder gegründet. Da es zu dieser Zeit an einem Löschfahrzeug mangelt, wird unser altes LF 16 S4000 vorübergehend wieder in Dienst gestellt. Eine große Erleichterung bei der Brandbekämpfung in unserem seit jeher von Löschwassermangel geplagten Bergstädtchen brachte uns das Jahr 1994. Aus dem Bestand der FFW Kreischa konnten wir ein Tanklöschfahrzeug TLF 16 W50 übernehmen
TLF 16 / W 50

Nach einigen Instandsetzungsarbeiten machte sich das Fahrzeug bereits wenige Tage nach der Übergabe gleich zweimal bezahlt. Als erstes bei einem PKW-Brand vor dem Stadion der Möbelwerker und anschließend bei einem Brand im Poisenwald. Nach der Eingemeindung unseres Nachbarortes Oelsa und seines Ortsteiles Karsdorf im Jahre 1995 wurden alle Feuerwehren der nunmehr 6 zusammengehörenden Orte wieder eigenständig. Die im gleichen Jahr stattfindende Feier zum 120-jährigen Bestehen unserer Wehr war wiederum ein Höhepunkt im kulturellen Leben unserer Stadt. Einen äußert gefährlichen Einsatz hatten wir 1997 zu fahren. Bei dem Einsturz einer Baugrube brach eine Hauptleitung der Gasversorgung, ein altes Gussrohr von fast musealem Wert. Ein einziger Funke hätte mitten in der Stadt eine Katastrophe auslösen können. Durch den mutigen Einsatz der Rabenauer und Obernaundorfer Kameraden und einem alten Putzlappen konnte die Gefahr jedoch gebannt werden. Seit demselben Jahr wird die Tageseinsatzgruppe über Funkmeldeempfänger alarmiert. Ein sehr freudiges Jahr in der Geschichte unserer Wehr war 2000. Zum einen erhielten wir am 10.3. 2000 nach jahrelangem, zähen Kampf ein nagelneues LF 16/12 MAN das bei der Firma Schlingmann nach unseren Vorgaben gebaut und ausgerüstet wurde.
LF 16/12 / MAN

Dieses neue Fahrzeug versetzt uns nun in die Lage, die Aufgaben des Feuerschutzes in unserem Territorium zeitgemäß zu erfüllen und den ständig steigenden Anforderungen Genüge zu tragen. Zum anderen fand 2000 die 125. Jubelfeier zur Gründung der FFW Rabenau statt. Dieses große Ereignis bot gleichzeitig auch den würdigen Rahmen für den 1. Kreisfeuerwehrtag des Weißeritzkreises. Die Maßstäbe für Organisation und Durchführung setzten wir sehr hoch, so dass sich bisher leider noch niemand fand, einen 2. Kreisfeuerwehrtag zu organisieren. Insgesamt war die Wehr fünf Tage fast rund um die Uhr im Einsatz. Doch gibt es auch positives zu berichten. Nach nunmehr 80 Jahren besitzt das Feuerwehrdepot eigene Toiletten. Die Alarmierung erfolgt nun über digitale Funkmeldeempfänger. Wie so viele andere Feuerwehren, traf uns die Hochwasserkatastrophe, die am 12. August 2002 ihren verhängnisvollen Lauf nahm, hart. Die Hochflut der Weißeritz zerstörte unseren wild-romantischen Rabenauer Grund und die durchführende Strecke der Weißeritztalbahn völlig.
In der Unterstadt richtete die über die Ufer getretene Oelsabach erhebliche Schäden an. In der stets von Wassermangel gezeichneten Oberstadt liefen selbst Keller voll, die vorher nicht einmal feuchte Mauern kannten. Nachdem nach drei Tagen die gröbsten Schäden im Stadtgebiete beseitigt waren, rückten wir nach Freital aus, um die Keller des dortigen schwer betroffenen Krankenhauses auszupumpen. Selbst die TS 8 unseres S 4000-Oldimers musste noch mal mit ran. In der Jahreshauptversammlung am 31.1.2003 wurden wieder einmal alle Wehren der Gemeinde Rabenau zu einer Wehr zusammengeschlossen. Wir dürfen gespannt sein, für wie lange.
Mit der Erstellung dieser Internetseite im Jahre 2005 endet vorerst der Blick zurück in unsere Historie. Jedoch geben wir hiermit der Hoffnung Ausdruck, dass auch kommende Generationen genügend Stoff finden werden, um unsere Chronik an dieser Stelle weiter zu schreiben.

Quellen:
– 120 Jahre FFW Rabenau
– Feuerwehren im Weißeritzkreis
– Naturpark Rabenauer Grund
– Archiv der FFW Rabenau

Foto: Archiv / Privat
Eine Ausführliche Darstellung unserer Geschichte findet der verehrte User in der Broschüre
Freiwillige Feuerwehr Rabenau – Festschrift zur 120. Jahrfeier 1995